Barrieren und Vorurteile abgebaut

Sie haben mit Kleinkindern Höhlen gebaut und Schnupfennasen geputzt, dabei erfahren, dass das wichtigste Wort aus Kindermund „nochmal“ heißt und keinen Aufschub duldet. Sie haben gelernt, bei den Lebensgeschichten älterer Menschen aufmerksam zuzuhören und kritische Kommentare zu verarbeiten. Sie haben ihre Ängste gegenüber mehrfach behinderten Menschen abgebaut und die eigene Gesundheit schätzen gelernt. Dieser Lernprozess basierte auf einem Sozialprojekt, das die Auszubildenden der Sparkasse Karlsruhe Ettlingen zum zweiten Mal aufgegriffen und auf freiwilliger Basis umgesetzt hatten. Unterstützt wurden sie dabei von Mitarbeitern der AWO Karlsruhe.  

Die „Seitenwechsler“ hatten mit durchaus gemischten Gefühlen die Komfortzone „Sparkasse“ verlassen, um in die für sie fremde Welt einer Kindertagesstätte, Behinderteneinrichtung oder eines Seniorenzentrums einzutauchen. Was sie im einwöchigen Praktikum erlebt und erfahren haben, gaben sie nun bereitwillig an ihre Kollegen und an ihre AWO-Betreuer weiter. 

„Es war richtig anstrengend“, erinnerten sich die Praktikanten, die in den Kindertagesstätten mithalfen. Eines hatten die Kleinsten den Großen allerdings voraus: viele konnten sich bereits bilingual verständigen. Deutsch, englisch, französisch war ihnen so vertraut wie Stuhlkreis und Geschenke basteln. 

„Als Mann war ich das Highlight in der Kita. Ich durfte alle handwerklichen Aufgaben übernehmen“, erinnerte sich Julian Happle. Die Kinder bewiesen ihre Dankbarkeit auf ihre Weise. Sie nahmen die Praktikanten in ihr persönliches Freunde-Buch auf. Die Praktikantinnen erhielten am Ende der Woche sogar Liebesbriefe und Heiratsanträge, erzählten sie sichtlich gerührt.  

Im Seniorenzentrum, Pflegeheim und der Altentagespflege standen andere Themen auf der Tagesordnung. Die Jungbanker mussten lernen, mit der zum Teil ausgeprägten Ablehnung der Bewohner klar zu kommen. Danach erlebten sie eine grenzenlose Dankbarkeit der älteren Menschen. „Es wird viel mit den Bewohnern gemacht“, staunten die jungen Betreuer, die auch bei der administrativen Dokumentation mithalfen.  

Zwischen therapeutischen Angeboten, Nähstube und Werkstatt bewegten sich zwei Auszubildende, die hautnah miterlebten, wie schnell aus jungen, gesunden Menschen durch Unfall oder Schlaganfall mehrfach Behinderte werden. „Aus diesen Gesprächen wissen wir, wie gut es uns eigentlich geht“, so das Fazit der beiden Betreuer auf Zeit. 

Carmen Gilles, AWO-Verbandsreferentin, war erstaunt, welch tief reichenden Erfahrungen die jungen Banker gesammelt hatten. „Die Wahrnehmungen und Erfahrungen helfen unseren Mitarbeitern auch bei ihrer Arbeit“, kommentierte sie die Erlebnisse der Abschlusspräsentationen. 

„Wir müssen den ersten Schritt gehen“, forderte Klaus Minet, Personalchef der Sparkasse Karlsruhe Ettlingen, die Auszubildenden auf. „Wenn wir uns nicht auf andere zubewegen, werden wir den zweiten Schritt nie erleben: das tiefe Vertrauen, das uns Kinder, alte Menschen und Kranke dann entgegenbringen.“ 

Der „Seitenwechsel“ sollte in jedem Falle weitergeführt werden, wünschten sich die Auszubildenden. Ihre Erfahrungen wirken noch nach. Einige haben „ihre“ Einrichtung auch nach dem Praktikum weiter besucht. „Die Kontakte sind so wertvoll, wir möchten sie nicht missen.“