Der Kleinste war der Größte

Sie kommen aus 42 Ländern, häufig in Begleitung, weil sie noch zu jung für einen Solotrip sind. Aber am Konzertflügel sind sie die Größten. Das weiß auch die Fachjury. Beim 14. Internationalen Wettbewerb für junge Pianisten in Ettlingen haben die Juroren 108 Bewerber gesichtet und die Preisträger in zwei Kategorien ermittelt. Eine Woche lang wurde der Stundenplan strikt abgearbeitet, 50 Stunden lang gesichtet, bewertet und die Rangliste befüllt. Am Sonntag schließlich konnten sich die Besucher des Preisträgerkonzerts vom virtuosen Können der Ausnahmepianisten überzeugen.  

Mehr Bewerber denn je hatten im Vorfeld Demo-CDs eingereicht. Zum öffentlichen Wertungsspiel wurde aber nur das obere Drittel eingeladen. Während andere längst die Sommerferien genießen, machten sich die Tastenkünstler auf den Weg nach Ettlingen und wurden dort mit offenen Armen empfangen. „Seit Monaten konzentriert sich alles auf den kulturellen Olymp in der Region“, weiß Oberbürgermeister Johannes Arnold. Viele sind in den Wettbewerb involviert, andere als Gasteltern dem Wohl der Teilnehmer verpflichtet oder einfach nur mit einer Kuchenspende am gastronomischen Rahmenprogramm beteiligt.  

Für den Internationalen Klavierwettbewerb rücken alle noch näher zusammen. „Solange Ettlingen und seine Bürger weiterhin so hinter dieser Veranstaltung stehen, haben wir als Sparkasse Karlsruhe Ettlingen keinen Anlass, das Sponsoring zu verändern“, versprach Sparkassendirektor Lutz Boden, das finanzielle Engagement des Hauptsponsors fortzusetzen. Damit herrscht auch für die kommenden Jahre Planungssicherheit. 

Der Jüngste wurde am Sonntag am häufigsten ausgezeichnet. Der zweite Platz bei den Teilnehmern bis 15 Jahren, eine Anerkennung als junges Talent und den Bärenreiter Urtext-Preis hatte sich der neunjährige Ruisi Lao aus China erspielt. Seine Urkunden und Rosen konnte der kleine Star kaum halten. Kurze Zeit zuvor hatte er virtuos sein Können demonstriert und bestätigt, dass er zu Recht auf dem Siegertreppchen steht. Überholt wurde er nur von Joshua Han. Der Zwölfjährige war aus Australien angereist und hatte den Wettbewerb in der Kategorie A für sich entschieden.  

Erstmals in der Historie des Wettbewerbs hatte es ein 17jähriger Deutscher auf den ersten Platz in der Kategorie B der bis 20jährigen geschafft. Mit Robert Bily wurde ein neuer Star am Pianistenhimmel geboren, dem von den Fachleuten eine blendende Musikerkarriere vorausgesagt wird. Platz 2 belegte Wie-Ting Hsieh aus Taiwan (China). Wie das Wunderkind Joshua hatte auch sie sich für Kompositionen von Franz Liszt entschieden. Prokofjews „Teuflische Einflüsterungen“, brillant vorgetragen, bescherten Kyubin Chung (Korea) den dritten Platz.  

90 Minuten lang begeisterten elf junge Pianisten mit traumwandlerischer Tastensicherheit ihr Publikum. Sie hatten sich bei ihrem Wettbewerbsrepertoire für Werke von Kapustin, Debussy, Chopin, Pinto, Haydn, Mozart, Bach und Dutilleux entschieden.  

Klavierspielen ist ihre Leidenschaft. Vier Stunden proben, das reicht längst nicht mehr aus, erfuhren die Gäste beim Sparkassen-Empfang. Acht bis zehn Stunden täglich bereiten sich die Jugendlichen auf ihren nächsten großen Wettbewerb vor. Das ist eine gewaltige Anstrengung. Schließlich gehen sie noch zur Schule und haben auch im Unterricht so manche Herausforderungen zu meistern.  

Die jungen Stars am Pianistenhimmel kommen aus China, Korea, USA, Österreich und Deutschland. Im Bildvordergrund Publikumsliebling Ruisi Lao (mit Brille), rechts daneben Robert Bily. Es gratulierten Professor Frank Reich, Oberbürgermeister Johannes Arnold, Professor Robert Benz und Sparkassendirektor Lutz Boden.