Was erwartet Anleger und Sparer im Jahr 2017?

Kommt endlich die Zinswende? Wie könnten sich die weltweiten Märkte entwickeln? Und wie reagieren Anleger geschickt? Wir haben dazu Dr. Ulrich Kater, den Chefvolkswirt der DekaBank, befragt.

Am 20. Januar 2017 beginnt die US-Präsidentschaft von Donald Trump. Welchen wirtschaftlichen Kurs erwarten Sie?

Die wirtschaftspolitischen Vorhaben von Donald Trump wurden schon verglichen mit denen Ronald Reagans in den Achtzigern: die Wirtschaft deregulieren, Steuern senken und Konjunkturprogramme auf Pump. Weiterhin ein gemischter Kurs gegenüber internationalen Handelspartnern mit Freihandelsabkommen auf der einen Seite – mit Kanada – und Sanktionen auf der anderen, etwa gegen China. Das wird in Umrissen das Programm des neuen Präsidenten sein, wenngleich er finanziell nicht so aus dem Vollen schöpfen kann wie sein Vorgänger vor 30 Jahren.

Die neue US-Regierung will noch mehr Schulden machen als die bislang rund 20 Billionen US-Dollar. Könnte die Inflation jetzt schneller zurückkehren als vermutet?

Es ist nicht wahrscheinlich, dass der neue Präsident vom Kongress die Mittel für alle seine Pläne bewilligt bekommt. Die USA sind mit über 100 Prozent in Relation zu ihrer jährlichen Wirtschaftsleistung verschuldet. Da ist nicht mehr so viel Spielraum für zusätzliche Impulse. Das Konjunkturprogramm wird wahrscheinlich ziemlich heruntergekocht werden und damit die Auswirkungen auf das US-Wachstum in Grenzen halten. Insbesondere, wenn man die negativen Impulse durch hohe Ausweisungen von Einwanderern gegenrechnet. Trotzdem kommt die Inflation zurück, Trump hat dies den Kapitalmärkten nur sichtbar gemacht, die bislang auf diesem Auge blind waren.

Was würde das für den Rest der Welt bedeuten – vor allem auch für Europa? Steigen auch hier die Zinsen schneller als bisher angenommen?

Die Zinsen auf dem Girokonto oder auf dem Sparbuch werden von der EZB, also der Europäischen Zentralbank, gemacht. Die Notenbank richtet sich nur nach den wirtschaftlichen Bedingungen in Euroland. Diese werden von der neuen US-amerikanischen Wirtschaftspolitik nicht sonderlich verbessert. Daher bleibt die EZB erst mal bei ihren Nullzinsen. Am Kapitalmarkt, also etwa Anleihen, überträgt sich der Zinsanstieg in den USA etwas nach Europa. Die Zinsen bleiben aber auch hier niedrig. Auf dem Sparkonto kommt diese viel beschworene Zinswende nicht an.

Welche Chancen sehen Sie für die europäische und insbesondere für die deutsche Wirtschaft?

Die Chancen liegen darin, dass die US-Wirtschaft 2017 noch einmal richtig durchstartet. Das freut deutsche Exporteure. Darin liegen aber auch gleichzeitig die Risiken.

Welche weiteren Risiken könnten im neuen Jahr auf die Märkte zukommen?

Wenn die US-Wirtschaft zu stark aufdreht, dann muss die Fed reagieren und dann haben wir in zwei oder drei Jahren die nächste Rezession. Daneben gibt es natürlich auch das Risiko, dass sich Präsident Trump genauso schädlich für den Welthandel erweist, wie er es im Wahlkampf angekündigt hat. Schließlich ist womöglich auch seine Außenpolitik eine Gefährdung für die Wirtschaft, denn sie könnte regionale geopolitische Krisen heraufbeschwören.

Gibt es auch positive Szenarien, mit denen Sie für 2017 rechnen?

Es sind jede Menge Risikofaktoren unterwegs, die einem ein schlechtes Gefühl geben. Wir sollten aber nicht vergessen, dass Wirtschaft und Finanzmärkte auch bisher schon unter ähnlichen Risiken gestanden und sich trotzdem gut entwickelt haben. Und wenn es künftig bei zehnjährigen Anleihen wieder eine positive Rendite gibt, ist das auch ein Zeichen von wirtschaftlicher Normalisierung.

Welchen Kurs sollten Anleger dieses Jahr fahren: eher etwas vorsichtiger agieren oder doch mehr Risiko an den Kapitalmärkten wagen?

Auf absehbare Zeit bleibt es dabei, dass die Zinsen für einen Vermögensaufbau oder auch nur -erhalt zu niedrig sind, erst recht nach Abzug der Inflationsrate. Wenn das Zinsniveau am Kapitalmarkt etwas ansteigt, dann werden in den kommenden Jahren Anleihen für den Neueinstieg wieder interessant. Bereits bestehende Staatsanleihe-Portfolios kann man Richtung kurzlaufende Papiere umschichten, um dem Zinsanstieg etwas auszuweichen. Der Aktienanleger dagegen ist ohnehin ein langfristiger Anleger, der sich auch durch Konjunkturzyklen nicht beirren lässt, selbst wenn sie mit dem Namen Trump verbunden sind. Aktienanleger müssen sich im kommenden Jahr auf das eine oder andere politische Schlagloch einstellen. Die Wahlen in wichtigen europäischen Ländern bringen wahrscheinlich immer mal wieder vorübergehende Kursschwankungen mit sich.