Weltwirtschaft hat einen Gang zurückgeschaltet

Obwohl es immerhin wieder ein paar Lichtblicke bei den großen Unsicherheitsfaktoren Brexit und Handelsstreit gibt, ist doch unverkennbar, dass die Wirtschaft weltweit mindestens einen Gang zurückgeschaltet hat. Der Schwung der Globalisierungswelle, die drei Jahrzehnte lang mit wenigen Auszeiten das deutsche Bruttoinlandsprodukt beflügelt hatte, ist dahin. Es fehlt die dynamische Nachfrage aus China und anderen Emerging Markets. Die aufstrebenden Emerging Markets sind inzwischen mit einer deutlich moderateren Wachstumsdynamik unterwegs als noch vor einigen Jahren. Insbesondere China lenkt sein Wachstum zudem verstärkt auf die Binnenwirtschaft, es konzentriert sich also mehr auf den privaten Konsum und die Produktion von Dienstleistungen. Und dafür braucht es nicht mehr so viele Maschinen aus Deutschland. Auch den anderen Industrieländern geht es nicht viel besser.

Suche nach Ausweg gestaltet sich schwierig

Für diese Entwicklung gibt es viele Ursachen, beispielsweise das Eintreten der Emerging Markets in eine neue Phase des Aufholprozesses oder der Aufbau neuer Zölle und anderer Handelshemmnisse. Die Suche nach einem Ausweg aus dieser Welt mit nur noch anämisch wachsenden Industrieländern gestaltet sich schwierig. Die Notenbanken beißen sich ihre Zähne daran aus, der westlichen Welt mit ihrer ultra-lockeren Geldpolitik wieder ein stärkeres Wachstum und höhere Inflationsraten zu verschaffen. Obgleich sie damit bislang nur teilweise erfolgreich waren, haben die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank (EZB) seit Mitte September aber nochmals die Leitzinsen gesenkt. Die EZB hat sogar erneute Nettoanleihekäufe ab November 2019 beschlossen. 

Wachstumsstärkende Reformen wären angezeigt

Da die Notenbanken es offensichtlich nicht schaffen, das Wachstum wieder anzukurbeln, wird der Ruf nach der Fiskalpolitik immer lauter. Die Regierungen sollen mit Ausgabenprogrammen für eine höhere Dynamik sorgen. Doch auch an deren Wirksamkeit gibt es berechtigte Zweifel: Werden höhere staatliche Investitionen tatsächlich einen erneuten konjunkturellen Aufschwung erzeugen, wo doch die Kapazitäten am Arbeitsmarkt und am Bau vielerorts schon hoch ausgelastet sind? Mit Sicherheit wäre es am sinnvollsten, wenn die Staaten sich nicht auf die Rettung der Konjunktur stürzen, sondern vielmehr wachstumsstärkende Reformen anstoßen würden, die zugleich auch die Zuversicht der Unternehmen und der privaten Haushalte wieder steigen lassen. Eine Entspannung bei den großen Unsicherheitsfaktoren Brexit und Zollstreit wäre sicherlich ein neues Aufbruchssignal für die Weltwirtschaft – Reformen aber sind noch wichtiger.

Mehr Risiko für bessere Renditechancen

Damit bleibt es dabei, dass das blutleere Wachstum der Industrieländer noch geraume Zeit anhalten wird und die Zinsen entsprechend niedrig bleiben werden. Die Chancen auf positive reale Gesamterträge bei den Geldanlagen stehen in diesem Umfeld nur dann gut, wenn man ein gewisses Risiko wagt, beispielsweise mit Aktien oder risikobehafteteren Anleihen. Die damit einhergehenden höheren Schwankungsrisiken sind der Preis, den man für die deutlich besseren Renditenchancen bezahlt.

Die vollständigen volkswirtschaftlichen Prognosen der @DekaBank-Volkswirte für Oktober / November 2019 gibt es hier: http://s.de/13ap