Resiliente Weltwirtschaft
In diesem Jahr haben die Unternehmen, die privaten Haushalte, die Banken, ja, die gesamten Volkswirtschaften einen historischen Zinsanstieg zu verkraften. Die im vergangenen Jahr in schwindelnde Höhen gestiegenen Inflationsraten mussten durch die Notenbanken mit höheren Leitzinsen bekämpft werden. Erste Erfolge sind sichtbar, vor allem die Energiepreise sind – unter anderem wegen der Erwartung einer gedämpften globalen Wirtschaftsaktivität – zurückgekommen. Und doch sind die inflationären Aufwärtsdynamiken noch nicht derart gebrochen, dass die Notenbanken zufrieden wären und rasch von ihrem bremsenden Kurs abrücken könnten.
Zinserhöhungen und Rezession – eine unvermeidliche Kombination?
Zinserhöhungsphasen hat es historisch schon oft gegeben. In der Regel führten diese nach relativ kurzer Zeit in eine mehr oder minder tiefe Rezession. Die damit einhergehende Konsumnachfrageverringerung war aus geldpolitischer Sicht gewünscht und trug maßgeblich zur Preisdämpfung bei. Bislang indes ist in der Weltwirtschaft eine bemerkenswerte Resilienz gegenüber der geldpolitischen Straffung zu beobachten. Deutschland ist eines der wenigen Länder, die in eine Rezession gerutscht sind. Und auch diese Rezession ist nicht wirklich stark ausgeprägt, denn sie läuft bisher ohne eine große Insolvenzwelle bei den Unternehmen und ohne erkennbaren Anstieg der Arbeitslosigkeit ab. Infolgedessen schlagen sich auch die Gewinnentwicklung der Unternehmen, die Kreditvergabe und der Immobilienmarkt wacker, was den Stress im Finanzsektor in erträglichem Rahmen hält.
Mühsamer Weg der Inflationsreduktion
Ein guter Anteil der Resilienz ist der schon länger stützenden Finanzpolitik und der zuletzt in den Vordergrund gerückten Lohnpolitik geschuldet. Die privaten Haushalte wollen einen Ausgleich der Reallohnverluste durch Tariflohnsteigerungen. Und diese sind gerade mit Blick auf den Arbeitskräftemangel auch zum Gutteil durchsetzbar. Dies macht es allerdings wiederum der Europäischen Zentralbank schwerer. Der weitere Weg der Inflationsratenreduzierung wird mühsam. Daher tritt die EZB derzeit kommunikativ sehr entschieden auf. Die nächste Zinserhöhung Ende Juli ist quasi gesetzt.
Wie es dann geldpolitisch weitergeht, ist „datenabhängig“, die Unsicherheit bleibt also hoch. Bliebe die Konjunktur kraftlos oder würde sich gar noch weiter abschwächen, wäre wohl spätestens im September Schluss mit den Leitzinsanhebungen. Das Risiko für die Finanzmärkte liegt in der Inflationsdynamik. Käme diese stärker als gedacht, müssten die Notenbanken noch einmal die Zinskeule herausholen. Wir gehen davon aus, dass dieses Risikoszenario nicht eintreten wird. Somit erwarten wir höhere Niveaus an den Aktienmärkten zum Jahresende. Da die Renditen an den Rentenmärkten wohl ihre Höchststände schon hinter sich gelassen haben und die Weltkonjunktur einigermaßen unbeschadet über den nächsten Winter kommen dürfte, weisen auch Unternehmensanleihen und Emerging-Markets-Anleihen relativ konstruktive Perspektiven auf.
Die vollständigen volkswirtschaftlichen Prognosen der @DekaBank-Volkswirte gibt es hier: http://s.de/2ln5