Neubewertung der USA

In den USA kann schon die 100-Tage-Bilanz der Trump-Regierung gezogen werden, während Deutschland noch am Beginn einer neuen Regierungsperiode steht. Offenkundig spielen überall geopolitische Themen eine große Rolle. Die USA wenden sich von der Idee des globalen Freihandels ab und agieren konfrontativ, vor allem über ihre Zollpolitik. Dabei sorgen die Androhungen, Einführungen und Aussetzungen von Zöllen ebenso wie die Verhandlungen bezüglich der Handelspolitik der USA mit dem Rest der Welt für allerhand Unwägbarkeiten.
Unabhängig davon, wie es mit den prohibitiv hohen US-Zöllen gegenüber China oder den für 90 Tage ausgesetzten reziproken Zöllen gegenüber vielen Handelspartnern weitergeht, bedeutet die neue Realität deutlich höhere Handelsbeschränkungen im Vergleich zu den letzten Jahren. Dies hat eine gebremste konjunkturelle Dynamik zur Folge. Die Weltwirtschaft wird in diesem Jahr wohl nur noch im Bereich von 2,5 % wachsen.
Selbstverständlich findet in dem Zuge auch an den Finanzmärkten eine Neubewertung der USA statt. Die Fokussierung auf das eigene Land und die avisierte Reindustrialisierung sind in der US-Politik offenbar mit den Wünschen nach niedrigeren Leitzinsen und nach einem schwächeren US-Dollar verbunden.
Die US-Notenbank Fed wartet beharrlich ab, ob die Inflationsraten zollbedingt sehr deutlich ansteigen oder ob die konjunkturdämpfenden Effekte die Inflation bremsen werden. Bei US-Staatsanleihen sorgen die isolationistischen Tendenzen der US-Regierung für erste Risikoprämien in den Renditen. Der US-Dollar hat gegenüber dem Euro abgewertet und dürfte sich weiter moderat abschwächen. Und wegen all der Sorgen und Unwägbarkeiten bezüglich der US-Politik legt der Goldpreis weiter zu.
So ist das Aufgabenheft für die neue deutsche Regierung sowohl geopolitisch also auch binnenwirtschaftlich gut gefüllt. Europa insgesamt muss seine neue Rolle im globalen Kontext finden und die eigenen Potenziale ausschöpfen. Dies wird nicht leicht. An den Kapitalmärkten wird diese Neueinwertung der geopolitischen Rahmenbedingungen in den kommenden Monaten vermutlich mal etwas optimistischer und mal etwas pessimistischer betrachtet werden, was in absehbarer Zeit für anhaltende Kursschwankungen an den Finanzmärkten spricht.
Die vollständigen volkswirtschaftlichen Prognosen der @DekaBank-Volkswirte gibt es hier: http://s.de/2ln5